„Ein Jahr mit ENSA sind wie 10 Jahre Schule!“ – Informations- und Vernetzungstreffen in Dresden

Am 30. und 31. Mai fanden in Dresden mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Informations- und Vernetzungstage zu Schulpartnerschaften zwischen Schulen aus Sachsen und Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas sowie Südosteuropas statt. Unter dem Motto „Partnerschaftlich. Global. Zukunftsorientiert.“ organisierte das Entwicklungspolitische Schulaustauschprogramm (ENSA) von Engagement Global in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen (ENS e.V.) die zweitägige Veranstaltung in der Landeshauptstadt. Mit rund 100 Teilnehmenden, mehrheitlich Lehrkräften und Schulleitungen, sowie Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen (NROs), politischen Akteur*innen und Schüler*innen, übertraf die Konferenz die ursprünglich geplanten Teilnahmezahlen bei weitem und bot eine Plattform für regen Austausch.

Der erste Veranstaltungstag lud mit dem "Markt der Möglichkeiten" zum Netzwerken ein. Es stellten sich unter anderem das Joint Climate Action Projekt, Schools for Uganda, arche noVa, das sächsische BNE-Portal, Ingenieure ohne Grenzen e.V., das ENSA-Programm sowie weitere schulrelevante Programme von Engagement Global vor. Dieser interaktive Auftakt bot den Teilnehmenden die Möglichkeit wertvolle Kontakte zu knüpfen, Ideen auszutauschen und interessante Kooperationsmöglichkeiten kennenzulernen.

Das Bühnenprogramm wurde durch Grußworte von Jochen Steinhilber, Leiter der Abteilung Grundsätze, Flucht, Krisenprävention, Zivilgesellschaft im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Oliver Schenk, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien und Chef der Sächsischen Staatskanzlei sowie Katharina von Münster, kommissarische Leitung des Fachbereiches 2 Bildungsprogramme und Förderung Inlandsprojekte von Engagement Global, eröffnet.

In den Grußworten wurde die Bedeutung von Schulpartnerschaften für Bildung und interkulturellen Austausch betont. Herr Steinhilber hob hervor, wie Schulpartnerschaften nicht nur Toleranz fördern, sondern auch ein Bewusstsein für globale Zusammenhänge schaffen, die Demokratie stärken und zur Umsetzung der Agenda 2030 beitragen. Staatsminister Schenk unterstrich die Notwendigkeit, die globale Perspektive zu erweitern, und Frau von Münster bekräftigte die tiefgreifenden Lernerfahrungen, die auf individueller und struktureller Ebene durch Programme wie ENSA ermöglicht werden. Die Einschätzung, „dass die Schüler*innen in einem Jahr mit einem ENSA-Schulaustausch so viel lernen wie in zehn Jahren Schule“ wurde mehrfach von Lehrkräften vor dem Plenum bestätigt.   

Ein nächster wichtiger Tagungsordnungspunkt waren die „Good Practice“ - Beispiele gelungener Partnerschaften. Das Goethe-Gymnasium Bischofswerda und das CEG 1 Bertrand Dagono Lycée aus Benin stellten ihre erfolgreiche Zusammenarbeit vor. Die betreuende Lehrkraft Marie Gottlöber und teilnehmende Schüler*innen berichteten von ihren Projekten, darunter eine Reise nach Ouidah im März 2023, die die Folgen der kolonialen Zeitgeschichte beleuchtete. Teilnehmerin Andrea Kotzin, Lehrerin am Landesgymnasium St. Afra, betonte in diesem Zusammenhang: „Wir müssen uns bewusstmachen, dass europäischer Wohlstand auf der Kolonialgeschichte fußt. Und das müssen wir aufarbeiten.“

Das nächste Beispiel aus der Praxis präsentierten Michaela Schnettker und Georg Jöbkes von dem Johannes-Sturmius-Gymnasium Schleiden. Die Schule pflegt seit 2011 eine erfolgreiche Partnerschaft mit der Mapeera Senior Secondary School in Uganda. Schnettker und Jöbkes teilten ihre Erfahrungen, betonten die Chancen von Schulpartnerschaften, wiesen aber auch auf die Herausforderungen hin. Das dritte Beispiel stellte Constancio Pedro Maulana von Afropa e.V. vor, der über ein Projekt zur Gemeindewasserversorgung und Hygiene in Uganda berichtete, das in Zusammenarbeit mit der Stiftung Nord-Süd-Brücken und der Partnerorganisation FOWAC umgesetzt wird. Teilnehmer Norman Beyer, stellvertretender Schulleiter am Gymnasium Burgstädt, unterstrich die Bedeutung solcher Gelegenheiten: „Wir haben an den Best Practice Beispielen gesehen, welches Potenzial Nord-Süd-Schulpartnerschaften haben.“

Der Tag endete mit einem Stadtrundgang durch Dresden, der den thematischen Fokus auf Postkolonialismus legte. Anhand verschiedener Orte in der Dresdner Innenstadt wie dem Japanischen Palais, der Yenidze oder dem Jorge-Gomondai-Platz wurde die kolonial-rassistische Vergangenheit und Gegenwart der Stadt deutlich gemacht. Die Teilnehmenden berichteten im Anschluss, dass sie diese Methodik beeindruckt habe und sie diese in den Unterricht integrieren wollen.

Der nächste Morgen begann mit Videobotschaften von Heike Raab, Staatssekretärin aus Rheinland-Pfalz, Abdel Kounouvo, Deutschlehrer am CEG 1 Bertrand Dagono Lycée in Benin, Hirel Adjovi, einem Schüler derselben Schule und dem Katosi Women Development Trust aus Uganda. Hierbei wurden die Bedeutung und die positiven Auswirkungen von globalen Partnerschaften verdeutlicht sowie die internationale Dimension und die verbindende Kraft von Schulpartnerschaften unterstrichen.

Es folgten vier Workshops, die sich auf die praktische Umsetzung und die Gestaltung von Schulpartnerschaften konzentrierten. Die Themen reichten vom Aufbau und der gleichberechtigten Gestaltung langlebiger Nord-Süd-Schulpartnerschaften bis hin zu den Transformationsmöglichkeiten, die sich durch gegenseitiges Lernen ergeben. Ein weiterer Workshop verdeutlichte, wie entwicklungspolitische Schulpartnerschaften Globales Lernen und die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) erfahrbar machen können. Im Rahmen der Workshops wurde nicht nur informiert, diskutiert und gemeinsam an Lösungswegen gearbeitet, die Workshops boten zudem Raum, um Chancen und Herausforderungen von Partnerschaften zu thematisieren. Unter anderem äußerte eine Lehrkraft aus Leipzig im Rahmen eines Workshops zur gleichberechtigten Gestaltung von Nord-Süd-Partnerschaften „Wie kann man postkoloniale Strukturen aufbrechen? Die Begegnung muss kontextualisiert werden. Wir dürfen keine Single Storys erzählen und müssen die Begegnung gesamtkonzeptionell einbetten und ehrlich über die eigene Schule und die Situation vor Ort erzählen.“ Eine Lehrkraft aus Pirna ergänzte: „Die Schüler*innen müssen im Vorfeld dafür begeistert werden, sich zu reflektieren und eben nicht mit einer White Saviourism Haltung in den globalen Süden reisen.“

Die Veranstaltung bot eine wertvolle Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen und inspirierte zu weiterem Engagement. Cosima, eine Schülerin am Landesgymnasium St. Afra in Sachsen, betonte: „Austausch ist total wichtig, um andere Lebensrealitäten kennenzulernen und über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.“ Adrian, ein Schüler derselben Schule, fügte hinzu: „Gerade nach dem Kongress bin ich überwältigt von den verschiedenen Perspektiven und Möglichkeiten und würde mir dahingehend viel mehr wünschen, dass Globales Lernen in das Schulsystem implementiert wird.“

Die Informations- und Vernetzungstage in Dresden haben eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig und bereichernd Schulpartnerschaften sein können. Sie fördern den interkulturellen Austausch, das Verständnis für globale Zusammenhänge und tragen dazu bei, Jugendliche zu handlungsfähigen, zukunftsorientierten Bürger*innen zu machen.